Unser Immobilien-Ratgeber:

Immobilienverkaufspreise – wie geht es weiter?

Schachbrett - wie weiter mit den Immobilienpreisen?

Immobilienverkaufspreise – Ausgangslage

Am 16. Juni 2022 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) Ihren Leitzinssatz um einen halben Prozentpunkt auf -0.25% angehoben. Seit Januar 2015 ist dies die erste Veränderung des Zinssatzes. Damals nämlich wurde im Zusammenhang mit der Aufhebung des Mindestkurses von 1.20 Franken gegenüber dem Euro der Leitzins auf -0.75% gesenkt. Hintergrund dieser Leitzinssenkung war, die Attraktivität des Schweizer Frankens für Investoren zu senken und übermässige Wechselkursanpassungen und Schwankungen zu vermeiden. Konkret bedeutet die kürzlich erfolgte Anpassung vom Juni die grösste Zinskorrektur nach oben seit dem Jahr 2000 und somit seit mehr als 20 Jahren.

Entsprechend dem grossen Überraschungseffekt fallen die Reaktionen auf diesen Entscheid der SNB aus der Wirtschaft und insbesondere auch den Medien teils heftig und laut aus. Interessant ist die Frage, was die Auswirkungen auf die Hausbesitzer und Immobilienverkaufspreise sein werden. 

Auswirkungen auf Hausbesitzer

„So teuer kann die Zinswende für Hausbesitzer werden“ und „Das bedeutet der Zinsentscheid für Sparer und Hausbesitzer“ oder „Verliere ich jetzt mein Haus?“ – so lauteten einige der Schlagzeilen in der Schweizer Medienlandschaft nach dem SNB-Entscheid. 

Der (geplant) überraschende Entscheid führte zu emotionalen, überspitzten und unsachlich, polemischen Reaktionen.

Nüchtern betrachtet kann Folgendes festgehalten werden: es ist durchaus möglich, dass die Hypothekarkosten kurz- und mittelfristig ansteigen werden. Sein Haus sollte aber aufgrund dieser Kostensteigerung niemand verlieren. Bei der Vergabe von Hypotheken rechnen die Banken mit einem kalkulatorischen Modell-Zinssatz von 5%. Es bekommt also nur eine Finanzierung, wer sich diese auch bei einer Verzinsung mit jährlich 5% leisten kann. Von diesem Wert sind wir aktuell weit entfernt.
Zudem sind nach unserer Einschätzung vor allem die Zinssätze am langen Ende (d.h. für Neuabschluss-Hypotheken mit 7, 10 oder 15 jähriger Laufzeit) betroffen und am kurzen Ende (z.B. Saron-Hypotheken) die Bewegungen viel weniger stark. Konkret dürfte es am kurzen Ende noch zu keinen Zins-Erhöhungen gekommen sein, da der Referenzzinssatz immer noch im negativen Bereich liegt und die üblichen Preismodelle bei den Banken eine kundenspezifische Marge zum Leitzins im positiven Bereich addieren.   

Einen grösseren Einfluss dürfte die Zinserhöhung wohl auf die Immobilienpreise haben. Anhand eines einfachen Rechenbeispiels lässt sich der Einfluss steigender Zinsen einfach erklären: Ein Mehrfamilienhaus mit jährlichen Mieteinnahmen von 100’000 CHF wurde Anfang 2022 für 2.5 Millionen Franken verkauft. Dies bringt für den Käufer eine Bruttorendite von 4% (100’000 CHF/2’500’000 CHF) auf sein investiertes Kapital. Im Vergleich zu alternativen Anlagemöglichkeiten schätzt der Käufer dieses Investment zu diesem Zeitpunkt als attraktiv ein.

Mit den veränderten Gegebenheiten auf dem Finanzmarkt steigen für den Investor nun aber auch die Renditen auf alternativen Anlagemöglichkeiten. Dadurch müsste sich auch die Bruttorendite auf dem erwähnten Mehrfamilienhaus erhöhen, um relativ zu alternativen Anlagen gleich attraktiv zu bleiben. Dies kann lediglich auf zwei Arten geschehen: Erhöhung der Mieten (z.B. 110’000 CHF/2’500’000 CHF = 4.4%) oder Kaufpreisreduktion (100’000 CHF/2’275’000 CHF = 4.4%). 

Oder anders formuliert: Für 100’000 CHF Mietertrag hat der Investor bei gestiegenen Zinsen nicht mehr die Bereitschaft den gleich hohen Preis von kapitalisierten 4% im Sinne einer ewigen Rente zu zahlen (100’000 CHF / 4%), sondern weniger. Zum Beispiel 100’000 CHF / 4.4%, was sich in einer tieferen Zahlungsbereitschaft des Investors widerspiegelt. 

Da sich die Mieten in der Regel nicht schnell anpassen (lassen) wird die Korrektur eher über die Verkaufspreise geschehen müssen. Es ist daher damit zu rechnen, dass sich die Immobilienpreise in nächster Zeit nicht mehr wie in der Vergangenheit konstant weiter nach oben bewegen. Eine stagnierende oder gar leicht sinkende Preisentwicklung ist sehr wahrscheinlich. 

Ein zusätzlicher, interessanter und den meisten unbekannter Aspekt hat direkten Einfluss auf die Nachfrage und damit die Preise der Immobilien in der Schweiz: Mit den sinkenden Aktienmärkten verändern sich die relativen Verhältnisse der Anlagen institutioneller Anleger (und das sind die grossen Käufer im Markt und übliche Transaktionen belaufen sich auf 10 Millionen CHF und mehr) in den Anlageklassen Immobilien und Aktien. Regulatorische Vorgaben verlangen im Sinne der Risikodiversifikation, dass gewisse prozentuale Limiten (im Sinne von prozentualen Zuteilungen auf die verschiedenen Anlageklassen) nicht unterschritten werden. Entsprechend eingeschränkt kann der Handlungsspielraum für den ein oder anderen institutionellen Investor sein, was eine sehr direkte Auswirkung auf die Nachfrage hat. 

Schwäche der hedonischen Bewertung

Eine weitere Rolle in der Preisentwicklung spielen die in der Immobilienbranche weit verbreiteten hedonischen Bewertungsmodelle. Diese nutzen zur Bewertung einer Immobilie verschiedenste Eckwerte (Wohnfläche, Grundstückfläche, Gebäudezustand etc.). Die ausgewählten Parameter werden mit ähnlichen Objekten verglichen und liefern dann eine Preiseinschätzung für das Objekt aufgrund vergleichbarer Immobilien.

Dies hat bei zunehmenden Preisen einen positiven, sich verstärkenden und wertsteigernden Effekt, da sich die Preise der jeweils vergleichbaren Objekte erhöhen. Bei sinkenden Preisen tritt der gegenteilige Effekt auf und die Preisspirale dreht sich nach unten. 

Fazit

Mitte Juni erhöhte die SNB den Leitzins. Die Reaktionen schlugen entsprechend hohe Wellen. Die effektiven Auswirkungen auf Eigenheimbesitzer sollten allerdings moderater ausfallen, als dies einige Medienberichte vermitteln. Insbesondere hat der Zinsschritt nicht unmittelbar zur Folge, dass sich Hausbesitzer Ihr Zuhause nicht mehr leisten können und somit Ihr Haus verlieren. 

Dennoch könnte der Zinsanstieg bedeuten, dass der Zenit der Immobilienpreise vorerst erreicht ist. Steigende Zinsen führen zu sinkenden Häuserpreisen. Hedonische Bewertungsmodelle können diesen Effekt zudem verstärken. Sollten Sie konkrete Absichten haben Ihr Eigenheim in naher Zukunft zu verkaufen, ist es daher sicherlich angebracht, das Thema nun konkret und überlegt anzugehen.